«Von allem, was der Mensch baut und aufbaut, gibt es nichts Besseres und Wertvolleres als Brücken.» – Ivo Andrić
Dreissig Jahre nach dem Friedensabkommen von Dayton, das 1995 den Krieg in Bosnien und Herzegowina beendete und die Geschicke der Region definierte, stellt das (Hi)Story Festival unter dem Titel 30 Jahre nach dem Krieg – Frieden? eine kritische Frage: Welche Form von Frieden wurde damals geschaffen – und wer erzählt heute die Geschichten darüber? In der Region selbst, in der Diaspora, in Europa?
Das Festival versteht sich als interdisziplinäre Plattform, die Literatur, Wissenschaft, Musik und Film in einen Dialog über Grenzen, Sprachen und Erfahrungen hinweg bringt. Es diskutiert Erinnerung und Zugehörigkeit im postjugoslawischen Raum, macht komplexe Perspektiven sichtbar und gibt Stimmen Raum, die in öffentlichen Diskursen selten gehört werden.
Das Festival beleuchtet, wie Erinnerungspolitik in den Nachfolgestaaten Jugoslawiens und im deutschsprachigen Raum fort wirkt – sowohl in individuellen Erfahrungen als auch in kollektiven Narrativen. Im Zentrum steht die Frage: Wie werden Erfahrungen literarisch, politisch und kulturell verhandelt – und wie finden sie ihren Platz in einer europäischen Erinnerungskultur, oder bleiben sie ausgeblendet?
In der Schweiz leben heute nahezu eine halbe Million Menschen mit biografischen Bezügen zum ehemaligen Jugoslawien. Ihre Erfahrungen prägen Kultur und Gesellschaft - und bleiben doch sowohl in der Erinnerungskultur als auch in Politik und Medien oft unsichtbar.
Diese Leerstelle zeigte sich 2022 besonders deutlich, als westliche Medien den Angriff Russlands auf die Ukraine als «ersten Krieg auf europäischem Boden seit 1945» bezeichneten. Die Jugoslawienkriege schienen aus dem kollektiven Gedächtnis verschwunden. Solche geschichtspolitischen Lücken entstehen nicht zufällig, sondern sind Ergebnis fehlender Räume für Selbstrepräsentation migrantischer und (in diesem Fall) postjugoslawischer Perspektiven.
Das (Hi)Story Festival versteht sich als Korrektiv – als Raum in dem postjugoslawische Stimmen und ausgewiesene Expert*innen erzählen, erinnern und Fragen stellen. In einer mehrsprachigen Stadt und in einem Land, das sich auf universelle Menschenrechte beruft und sich historisch wie gegenwärtig als Vermittlerin versteht.
In Ivo Andrićs Roman Die Brücke über die Drina (dt. Na Drini ćuprija) steht die Brücke für Verbindung und Trennung, für Fortschritt und Rückschritt, für kulturelle Hybridität ebenso wie für politische Spannungen. Sie ist Symbol für Dialog und Koexistenz – und zugleich für ihre Zerbrechlichkeit.
Der Verein Brücke greift diese Metapher kritisch auf. Wir suchen keine einfachen Lösungen, sondern fragen nach den Voraussetzungen, Bedingungen und Grenzen von «Brückenbau»: Wer baut Brücken? Für wen? Und mit welchen Zielen?
Wir glauben an Austausch und eine Sprache, die verbindet, ohne Unterschiede zu glätten. Erzählen verstehen wir als Widerstand – gegen Vereinfachung, politische Ermüdung und kollektives Vergessen.
Café Kairo
Swiss Design Market
Buchhandlung Zytglogge
Kunsthalle Bern
Gymnasium Burgdorf
Verlag Brotsuppe
Verein Brücke
Reichenbachstrasse 118
3004 Bern
Schweiz

Wir danken den folgenden Institutionen und Vereinen für die grosszügige finanzielle Unterstützung des (HI)STORY FESTIVALS. 30 Jahre nach dem Krieg – Frieden?