
Die Performances «Wir, die wir nicht mehr müssen» setzt sich jeweils mit dem politischen Kontext des Landes, in dem sie aufgeführt wird auseinander. Bisher wurde sie in drei verschiedenen gesellschaftlichen Kontexten adaptiert und präsentiert: in den Niederlanden, in Deutschland und in Südkorea. In jeder Version führen die Teilnehmer*innen eine Reihe politischer Slogans im öffentlichen Raum auf. Diese Slogans kreisen um politische Fragen, die als „gelöst“ gelten und daher nicht mehr aktiv diskutiert werden. Die jeweiligen Themen werden von den Teilnehmer*innen innerhalb ihres sozialen Kontextes identifiziert und anschliessend in bejahende, positive Slogans umformuliert. In ihrer endgültigen Form legen die Slogans die zugrunde liegende gesellschaftliche Doxa offen – also jene unhinterfragten Überzeugungen, die das positive Selbstbild einer Gesellschaft prägen.
Nun findet die Performance zum ersten Mal in der Schweiz statt und befasst sich mit der jugoslawischen Minderheit – der grössten Minderheitengruppe in der Schweiz – ihrer Sichtbarkeit sowie ihrer Teilnahme am politischen Leben des Landes. Die Schweizer Version des Projekts konzentriert sich auf die Dynamiken einer spezifischen sozialen Minderheit. Seit den 1960er-Jahren sind Jugoslaw*innen – sowohl als hochqualifizierte Fachkräfte als auch als Saisonarbeiter*innen – in die Schweiz eingewandert. Im Laufe der Jahrzehnte wandelte sich ihr öffentliches Image: von einer „problematischen Gruppe, die den gesellschaftlichen Zusammenhalt stört“ hin zu einem Beispiel erfolgreicher Integration. Doch was wurde in diesem Prozess gewonnen – und was ging verloren? Welche Kosten entstehen, wenn man sich einem dominanten gesellschaftlichen Diskurs anpasst?
Jugoslaw*innen unterschiedlicher Generationen, die heute in der Schweiz leben, werden eingeladen, sich über ihre Position in der Gesellschaft auszutauschen und ausgehend von ihren Erfahrungen und Anliegen ihre Slogans zu formulieren und die sie anschliessend gemeinsam im öffentlichen Raum performen.

Wir danken den folgenden Institutionen und Vereinen für die grosszügige finanzielle Unterstützung des (HI)STORY FESTIVALS. 30 Jahre nach dem Krieg – Frieden?